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Historische Wirtschaftsentwicklung in Sierndorf

Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts ist das Berufsleben der Einwohner und damit die Entwicklung der Wirtschaft in der Marktgemeinde nachvollziehbar. Eine Ausnahme bilden die Mühlen, die bereits im 14. und 15. Jh. genannt wurden.

Circa 90 (neunzig) Berufe erscheinen in den Pfarrmatriken der Pfarre Sierndorf, die ab 1648 geführt wurden. Manche davon nur kurzzeitig, wie ein Büchsenmacher, der von 1784 bis 1789 nachweisbar ist, oder ein Fischer, der 1747 verstarb. Hier erschien interessant, dass die 1762 verstorbene Frau eines Fassbinders bei ihrer Tochter „im Fischbehälter“ wohnte, was und wo das war, ist leider nicht beschrieben. Unter den Pesttoten 1679 wurde vom Sohn eines Bildhauers aus Wien und von Martin Enzinger „dem Kunstreichen“ berichtet. Beide waren vermutlich mit Arbeiten im Schloss beauftragt. Die Pulverstampfe dürfte nach einer Explosion 1681, „als der Stampf losging“ nicht mehr in Betrieb gegangen sein, in der Folge wird die Pulvermühle bzw. der Pulverhof nur mehr als Wohnadresse erwähnt. Ein Vergolder, Zegermacher, Wollputzer, Uhrmacher, Tuchmacher, Teichgräber, Sensenschmied, Steinmetz, Scherenmacher, Riemer und Regenschirmausbesserer traten nur kurz, für ein paar Jahre oder eine Generation auf.

Die überwiegende Mehrzahl übte ihre Tätigkeit durch die Jahrhunderte, meist am gleichen Standort aus.

Verwendete Quellen:

Matriken der Pfarren Sierndorf und Stockerau, Fassionsbuch der Marktgemeinde Sierndorf. Die Darstellung des Gewerbes in der zweiten Hälfte des 20. Jh. geht überwiegend auf die Erinnerungen der früheren Gastwirtin Frau Johanna Neuteufel zurück.

Die genannten Tätigkeiten alphabetischer Reihenfolge:

Abdecker (Schinder),

Die Wasenmeister, Abdecker oder Schinder leisteten ab dem Beginn der Neuzeit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der hygienischen Zustände in den Städten und Dörfern. Sie verfügten über einen Zuständigkeitsbereich, in dem ihnen Tierkadaver kostenfrei überlassen werden mussten. Ihr Einkommen bestand in der Verwertung der Kadaver. Der für Sierndorf zuständige Schinder befand sich im Senningbachtal neben dem Grummethof. Die erste Nennung fand sich 1680, der Betrieb bestand bis 1939.

Bader / Ärzte,

Im Mittelalter betrieben die Bader eine Badestube, rasierten, schnitten Haare, führten Aderlässe durch und repräsentierten die ländliche medizinische Versorgung. Die Ausbildung der Wundärzte oder Chirurgen bestand anfangs in einer Baaderlehre und Gesellenprüfung. Da in den Badestuben bis zur Gegenreformation keine Geschlechtertrennung bestand zählten sie zu den „leichtfertigen“ Gewerben. Sie führten auch den Aderlass durch, der damals zu den wichtigen medizinischen Maßnahmen zählte. Es bestand die Ansicht, dass mit dem Blut aus dem Körper auch böse Säfte ausflossen. Sie sind die Vorläufer der medizinischen Versorgung. Obwohl der Beruf kein hohes Ansehen genoss, zählten sie in Sierndorf zur Ortselite und stellten mehrere Marktrichter. Heute sorgen ein praktischer Arzt, ein Zahnarzt und ein Orthopäde für die Ortsbewohner.

Bäcker,

Die Sierndorfer Bäcker waren vermutlich Mitglieder der Stockerauer Bäckerzunft. Die älteste Nennung eines Bäckermeisters in Sierndorf führt 1636 Johann Jacobus Wierth an. Mit hoher Wahrscheinlichkeit betrieb er sein Gewerbe bereits im Haus Nr. 39, heute Schulstraße Nr. 2.

Bierbrauer

            Am Areal der Landwirtschaftlichen Genossenschaft auf der Hatzenbacher Seite der Bahnlinie bestand bis 1852 ein Brauhaus und ein Binderhaus. Älteren Einwohnern ist die Verbindungsstraße vom Meierhof zur Bahnstraße noch als Brauhausallee in Erinnerung. Nach dem Ankauf des Areals durch Fürst Colloredo-Mannsfeld wurden die Gebäude des allem Anschein nach nur wenig Ertrag abwerfenden Betriebes abgetragen und die Flächen dem Gutsbetrieb eingegliedert.

Binder, (Fassbinder),                                                

            Mit dem Braugewerbe und dem Weinbau unmittelbar verbunden waren die Fassbinder. Neben dem Brauhaus befand sich das Binderhaus mit der Hausnummer 4. Die Fassbinderei erscheint weder in Verbindung mit dem Brauhaus, noch finden sich Hinweise auf Verpachtungen. Vermutlich war der Betrieb wirtschaftlich dem Meierhof angeschlossen und wurde vom „Meier“ verwaltet. Mit dem Brauhaus erwarb Fürst Colloredo-Mannsfeld 1852 auch das Binderhaus. Beide Gebäude wurden danach abgetragen.

Ziegelofen

Wie in vielen Gemeinden finden sich auch in Sierndorf Ziegelöfen, die jedoch heute nicht mehr vorhanden sind. Sie waren in früherer Zeit wichtige Einrichtungen, da Ziegel meist vor Ort hergestellt wurden. Einer dieser Ziegelöfen ist der Herrschaftsziegelofen, der sich zwischen dem Güterweg nach Unterhautzental und dem Silberbach in der Nähe der heutigen Kleingartensiedlung befand.