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24 Stundenlauf in Wörschach (Stmk) vom 20. - 22.7.2007

Irgendwann, so um den Jahreswechsel herum, kamen wir, das sind Kubesch Günter, Holzmann Robert, Kraus Wolfgang und Kainzbauer Ewald, allesamt vom Laufclub Sierndorf, auf die Idee, an einem Ultralauf teilzunehmen.

Ultralauf?!

Ultralauf ist jeglicher Lauf, der über die Marathondistanz (42,195 km) hinausgeht. Da ich im vergangenen Jahr erstmals an einem Ultralauf teilgenommen hatte und ich nach weiteren Herausforderungen gesucht hatte, „infizierte" ich meine Laufkollegen mit dem Virus „24 Stundenlauf-Wörschach".

Bei dieser Veranstaltung kann man als Einzelläufer, als Viererstaffel oder als Megastaffel (5-24 Personen) teilnehmen.

Dieses Riesenevent fand heuer bereits zum 19. Mal statt und ist ein Benefizlauf, bei dem das Geld jedes Jahr einer anderen Institution zu Gute kommt.

Wir hatten ja bis dato keine Erfahrungswerte bezüglich solcher Läufe und so holten wir uns Tipps von einem Experten.

Christian Edelbauer war vor einigen Jahren noch ein sehr erfolgreicher Radrennfahrer und ist seit einigen Jahren Spitzenläufer. Er hat in der Vergangenheit bereits zweimal die Viererstaffel in Wörschach gewinnen können, und daher konnte er uns wertvolle Tipps geben.

Anlässlich des Weltrekordlaufes von Martina Schmid von 3.3 - 10.3 2007 starteten wir einen Versuch am Laufband. Als ich meinen Kollegen den Vorschlag unterbreitete, am Laufband einen Versuch zu machen, dachte ich eigentlich daran, 6 Stunden zu laufen. Unser Robert war aber der Meinung wir sollten gleich die vollen 24 Stunden laufen und so kam es, dass wir von 3.3 -4.3 die ganzen 24 Stunden auf dem Laufband neben Martina liefen.

Wir hielten uns penibel an die Empfehlungen Christians und wechselten alle 15 Min. Natürlich liefen wir mit 11 Km/h weit schneller als wir uns vorgenommen hatten, aber das ist ein Phänomen, das immer wieder zu beobachten ist, wenn einige Männer Sport zusammen treiben.

Dass muss etwas mit dem Testosteron zu tun haben.....

Nach 24 Stunden zeigte der Tachometer 272 Km. Alles war nach Plan verlaufen und wir fühlten uns alle, gemessen an der erbrachten Leistung, überdurchschnittlich gut.

Mit diesem Selbstvertrauen gestärkt meldeten wir uns nun für Wörschach an.

Die Teilnahmegebühren sind mit 104 Euro/Teilnehmer (inkl. Baustellenklo....) relativ hoch aber wenn man vor Ort den Aufwand sieht den die Bevölkerung des 1200 Seelendorfes betreibt, sind sie durchaus berechtigt. Allerdings ist es für Nichtläufer absolut nicht nachvollziehbar wie man für diese Tortour auch noch bezahlen kann, aber man muss schon bedenken, dass die Ausrichtung eines solchen Wettkampfes mit hohen Kosten verbunden ist.

Am Freitag, den 20.7.2007 um 07.00 Uhr brachen wir dann Richtung Wörschach auf.

Ingrid Kubesch fungierte „multifunktionell" als Fahrerin, Coach und Betreuerin in einer Person und ihr gebührt unser aller Dank. Ohne sie wäre es ganz schwer geworden und deshalb noch einmal DANKE Ingrid.

In Wörschach angekommen, bekamen wir einen ersten Überblick welch organisatorische Meisterleistung die Bewohner dort vollbringen.

Man hatte das Gefühl, dass niemand mehr zu Hause sein konnte, weil auf der Straße so viele Menschen mit Vorbereitungsarbeiten beschäftigt waren.

Nachdem wir uns zum Zeltplatz durchgekämpft hatten, machten wir uns daran das Zelt, welches übrigens dankenswerterweise von der FF Oberolberndorf zur Verfügung gestellt wurde, aufzustellen. Es war schon die ganze Woche extrem heiß und am heutigen Tag fand die Hitzewelle mit 38 ° Celsius ihren Höhepunkt. Dazu kam noch dass sich auf der Wiese hunderte Bremsen tummelten, für die wir scheinbar eine willkommene Mahlzeit darstellten.

Nach und nach trafen weitere Läufer ein und machten sich ebenfalls an das Errichten ihrer Zelte, und ich kann euch sagen, das ist ein Wahnsinn, was diese Leute alles mitschleppen. Die Zelte erinnerten eher an Volksfestzelte und das Equipment würde erahnen lassen, dass sich die dort für immer niederlassen möchten. Notstromaggregate, Regale, palettenweise Getränke (aller Arten... ), Kinderplanschbecken, ganze Küchen samt Köche(!!!) und vieles andere mehr.

Da war schon von Anfang an zu spüren, dass diese Menschen eine eingeschworene Gemeinschaft sind die jedes Jahr nach Wörschach pilgern, um wieder an ihre persönliche Grenzen zu gehen.

Nachdem wir in unser Hotel eingecheckt hatten (für Freitag) gingen wir die 2,32 Km Runde die wir am nächsten Tag ca 30 Mal laufen werden, probeweise ab.

Die Runde hat nur einige leichte Steigungen, die aber nach einigen Stunden subjektiv zu Bergen werden....Anlässlich dieser Erstbegehung holten wir im Gemeindeamt unserer Startnummer und die Säcke mit den Goodies ab. Für unsere Ingrid gab es sogar einen Coachausweis, den wir ihr sogleich feierlich übergaben.

Um uns die Zeit zu vertreiben und uns etwas abzukühlen fuhren wir zum nahen Putterersee und genossen die Sonne und die Ruhe.

Am Abend fanden als Rahmenprogramm Kinderläufe sowie ein 7 Km Lauf und ein Halbmarathon statt. Beim 7 Km Lauf gab es 112 Finisher, und der Sieger benötigte pfeilschnelle 23 min und 22 sec.

Den Halbmarathon beendeten 131 Läufer/Innen und der Sieger war in beeindruckenden 72 min mit den 21,098 Km fertig. Außerdem konnte man in der örtlichen Volksschule an der Pastaparty teilnehmen. Das taten wir auch aber aufgrund des nicht gerade berauschenden Geschmackes desselben suchten wir anschließend ein Gasthaus auf um uns mittels Grillhähnchen und Kaiserschmarrn genügend Kohlehydrate und Fettreserven für den Lauf zu versorgen. Das gehört zweifellos zu den angenehmen Dingen im Rahmen eines Laufbewerbes...

Bereits am Freitag war im Ort Volksfeststimmung, was mit ziemlichen Lärm verbunden war. Ich habe mich angesichts der zu erwartenden Strapazen am nächsten Tag schon um 22.00 Uhr hingelegt. Aber da das Hotel direkt an der Hauptstraße lag, war es schwierig, Schlaf zu finden, weil die Feierlichkeiten bis in die Morgenstunden anhielten.

Am nächsten Tag war für 12:00 Uhr eine Läuferbesprechung angesetzt, bei der wichtige organisatorische Dinge gesagt wurden. Anschließend gönnten wir uns noch ein kleines Mittagessen, wobei sich bereits eine gewisse innere Spannung aufbaut und man nicht mehr den großen Appetit wie am Abend zuvor hat.

Nun wurde es langsam ernst und wir begannen uns im Zelt auf den Lauf vorzubreiten. Die Laufkleidung wird angezogen und gefährdete Stellen am Körper prophylaktisch mit Cremes und Pflaster versorgt.

Beginnen werden wir alle mit unseren neuen Laufshirt unseres Laufclubs Sierndorf um unsere Gemeinde zu präsentieren und unsere Zusammengehörigkeit zu unterstreichen. Anfangsläufer war unser Günter da er als ranghöchstes Clubmitglied sozusagen der „Präsident" war.

Um 14.00 Uhr fiel der Startschuss und der Günter hatte gleich die Ehre 1,5 Runden zu laufen weil es immer nur nach einer ganzen Runde erlaubt war zu wechselt und unser Zelt befand sich auf der anderen Seite des Start und Zielbereiches. Bei der ersten Übergabe auf den Robert konnte man aufgrund der Zeit schon feststellen dass unser Ziel wohl darin lag 280 km zu erreichen. Dazu müssten wir alle 70 km laufen was einer ungefähren Durchschnittszeit von 5min/km entspricht oder anders ausgedrückt 12 Km/h.

Die ersten Stunden waren sehr anstrengend, weil es sicherlich an die 35 ° Celsius (im Schatten) hatte und man eigentlich zu 99 % in der Sonne lief. Trotzdem war zu der Zeit unser Tempo noch höher als angestrebt, nämlich durchschnittlich 4:45/km. Da machte ich mir schon etwas Sorgen, weil ja nach 4 Stunden gerade einmal ein Sechstel der Zeit vorbei waren und ich selbst schon leichte Ermüdungserscheinungen an mir feststellen konnte. Außerdem war ich nicht 100 % fit, da ich die ganze Woche über Behandlungen wegen meiner Rückenbeschwerden benötigt hatte. Glücklicherweise befand sich in unmittelbarer Nähe unseres Zeltes ein kleiner Gebirgsbach der wirklich sehr „erfrischend" war.

Nach einigen Stunden macht sich so etwas wie Routine im Team breit. Man hat sein Tempo gefunden, und es fällt leichter, seinen Vorläufer einzuschätzen um nicht eine Übergabe des Bandes, welches der aktuelle Staffelläufer immer in der Hand oder auf dem Arm tragen muss, zu versäumen.

Meine Gattin Elisabeth rief mich in regelmäßigen Abständen an und informierte uns über die Zwischenstände, welche sie über das Internet von zu Hause aus jederzeit abrufen konnte. Es waren auch drei Webcams an der Strecke montiert welche immer Livebilder ins Netz stellten. In Bewerb der Viererstaffel waren 49 Teams am Start und wir etablierten uns von Anfang an so um den 20 Platz. Kurzzeitig waren wir sogar auf Platz 18 vorgerückt, aber den konnten wir nicht halten.

Mit Dietmar Mücke aus Deutschland, besser bekannt als der barfußlaufende Pumuckl, und Descombes „Michel-On-Tour" waren zwei Wörschachurgesteine dabei, die mit ihren Verkleidung und ihrer guten Laune immer für Stimmung sorgten. Bei den Zuschauern sind die beiden sehr beliebt und ich glaube der Pumuckl wurde in den 24 Stunden an die 1000 Mal umarmt.

 

Mittlerweile war es Nacht geworden und ungewöhnlich kühl. Am Tage hatte man sich diese Kühle gewünscht, aber in den 35 min zwischen seinen Einsätzen wurde einem ziemlich kalt. Nun passiert es immer häufiger, dass man in seinen kurzen Ruhephasen kurz einschläft, was das Auskühlen des Körpers beschleunigt.

Es bedarf immer mehr Überwindung die Decke wegzugeben und sich zum Übergabeplatz zu begeben. Zwischendurch gingen uns unsere Nachbarn mit ihren Trommeln und Trompeten schon etwas auf den Keks, weil speziell die Ingrid doch ein paar Stunden schlafen sollte, weil sie ja nach Ende des Rennens unsere Fahrerin für den Heimweg war.

Um Mitternacht fand dann ein Feuerwerk statt, das von der Burgruine abgefeuert wurde.

Die Laufzeit wurde immer schlechter und um 02:00 Uhr dachte ich mir, dass jetzt erst die Hälfte vorbei ist und ich schon ziemlich kaputt bin. An den Zeiten meiner Laufkollegen konnte ich erkennen, dass ich scheinbar nicht der einzige war, dem es so ging.

Gott sei Dank hatten wir ja die Ingrid, die einige Male auf Wanderschaft ging um uns mit Essen und Trinken zu versorgen. Zwischendurch aßen wir jede Menge an Keksen, Bananen und Vollkornriegel, um nicht die Kraft zu verlieren.

Als dann die Sonne wieder aufging und es wärmer wurde, erwachten auch wieder die Lebensgeister und es ging wieder leichter von der Hand (Fuß).

Es waren jetzt optimale Lauftemperaturen, und das schlug sich auch in Rundenzeiten um die 11 min nieder. Das Wetter begann sich dann umzustellen und Bewölkung zog auf. Dies wäre an und für sich ja positiv weil die Sonne dann nicht so erbarmungslos herunterbrennt, aber es kam auch Wind auf, der fast unser Zelt davon geweht hätte. Außerdem wurde es durch den Wind außergewöhnlich kalt, was wohl auch an der Seehöhe von doch 650 Meter lag.

Der befürchtete und prognostizierte Regen blieb glücklicherweise aus.

Am Vormittag traf dann die Familie unseres Laufkollegen Wolfgang ein, um uns moralisch und auch kulinarisch zu unterstützen. Der Apfelstrudel von Frau Kraus sen. half uns noch über die letzten Stunden.

Das ganze Rennen gestaltete sich für uns bei weitem schwieriger als unser Feldversuch in der Gitti-City. Wahrscheinlich lag es an einem Mix von Temperatur, Steigung und höheren Tempo. Ich dachte mir die ganze Zeit, es wäre leichter als Einzelläufer teilzunehmen und dabei einfach Gehpausen einzulegen, wann immer man sie nötig hat. Bei einem Staffellauf jedoch ist man Teil einer Mannschaft und daher möchte man schon aus diesem Grund nicht zurückstecken.

Die letzte Stunde war angebrochen und nun befanden sich alle Zuschauer und Teilnehmer an oder auf der Strecke. Die Ingrid hatte schon ein paar Stunden zuvor ausgerechnet, dass aller Voraussicht nach ich der Schlussläufer sein werde. Jetzt wurden speziell die Einzelläufer euphorisch angefeuert, es wurde ihnen mittels Applaus und Zurufen jener Respekt teil, der ihnen für diese Leistung gebührte. Bei einigen Läufern konnte ich in den Augen einen Mix aus Zufriedenheit, Genugtuung und auch etwas Rührung entdecken.

In diesem Augenblick wünschte ich hätte eine rote Startnummer am Körper, die ja nur den Einzelläufern vorenthalten war. Nachträglich habe ich in den Ergebnislisten gesehen, dass bei den Einzelläufern Menschen teilgenommen haben, die über 73 Jahre alt waren.

Ein Mann fiel besonders auf weil er ein einfaches Flanellhemd, einen Hut und eine lange Trainingshose trug. Er war Jahrgang 34 und ging die ganzen 24 Stunden fortwährend dasselbe Tempo (etwa 5 Km/h) und erreicht so unglaubliche 133,43 km!!!!

Der Mann hatte etwas an Beharrlichkeit, was mich einfach faszinierte. Ich glaube der Robert fragte mich zwischendurch, warum meiner Meinung nach der alte Mann das tat. Ich erwiderte: Wahrscheinlich weil er es kann und außerdem können wir ja auch keinen stichhaltigen Grund nennen....

Jedenfalls war jetzt der Zeitpunkt der letzten Übergabe vom Wolfgang auf mich.

Es war schon ein Gänsehautgefühl zwischen den tausenden Zuschauern durchzulaufen. Ich nahm mir vor noch mindestens einmal über die Zeitnehmermatte zu laufen, was angesichts des Wahnsinnstempos vom Wolfgang in seiner letzten Runde keine große Kunst war. Nachdem ich die Matte überquert hatte, blieb ich bei der Versorgestation stehen und genehmigte mir ein Bier. Dann ging ich noch einige Meter zu dem Camp des Mistelbacher Laufclubs „Harlekin" und wartete noch eine Minute auf die Schlusssirene.

Jeder Schlussläufer muss bei ertönen der Sirene genau dort stehen bleiben bis der offizielle Vermesser kommt und die Distanz einträgt.

Im Anschluss fand eine Flowerzeremonie statt, bei der die ersten fünf jeder Wertungsklasse geehrt wurden.

Bei den Einzelläufern siegte der Grieche Yainnis Korus mit beeindruckenden 250,612 km.

Den Viererstaffelbewerb gewannen die Gruppe „Bioweinwelt „ mit unglaublichen 349,14 km.

Den Bewerb der Megastaffeln gewann die Läufergruppe mit den Namen „Select Nordic Skiteam" mit 371,80 km.

Wir erreichten bei unserer ersten Teilnahme den 22. Platz (von 48) mit einer Leistung von 278,95 km. Das bedeutet dass jeder von uns ca 69,71 km gelaufen ist. Der Ordnung halber möchte ich erwähnen, dass der Günter bedingt dadurch, dass er Startläufer war etwa 1,5 km mehr gelaufen ist.

Ich nahm dann nach der Siegerehrung unsere Trophäen in Empfang. Als ich zum Zeltplatz zurückkam, war das Zelt schon abgebaut und alle startklar.

Nachdem wir noch einige Erinnerungsfotos gemacht hatten, verließen wir Wörschach um nach einer ordentlichen Mahlzeit die Heimreise anzutreten.

Wörschach war jedenfalls die Reise wert, auch wenn man sich zwischendurch gedacht hat, dass man sich das nicht mehr antut. Aber das dachte man schon bei mehreren Gelegenheiten. Aber wie sagt mein Laufkumpan Horst immer:

Der Schmerz geht, aber der Ruhm bleibt......

Ewald Kainzbauer