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Der dienstbare Teufel

Bei einem Bauern in Sierndorf stand vor vielen Jahren ein vierzehnjähriger Junge in Arbeit. Zeitig in der Früh musste der Bub aus den Federn, die Pferde füttern, tränken, putzen und einspannen. Auch abends fand er erst spät die ersehnte Ruhe. So kam es, dass das Knechtlein nie ordentlich ausgeschlafen war. Darüber war es sehr traurig.
Als der Junge eines Morgens einen Acker pflügte, war ihm infolge der langen Arbeit das Pflugeisen stumpf geworden. Rasch nahm er es ab, band die Pferde an einen Baum und lief mit der Pflugschar in das Dorf zum Schmied, um das Eisen schärfen zu lassen.

Nach seiner Rückkehr fand der einen fremden Mann bei seinen Pferden. „Warum eilst du so?", sprach der Fremde den Knecht an, „bist ja ganz in Schweiß gebadet." - „Ja, Herr",  seufzte der junge Pflüger, „Sie kennen meinen Bauern nicht. Wüsst er, dass ich beim Schmied gewesen bin, bekäme ich es ordentlich." - „Dir kann geholfen werden", tröstete der Unbekannte, „kein Leid soll dir je widerfahren! Gut haben sollst du es, wenn du mir deine Seele verschreibst." Der Junge, der den Fremden nicht recht verstanden hatte und auch nicht ahnte, dass es der Leibhaftige selber war, nahm den Vorschlag an. „Hier nimm!", sprach der Teufel und reichte ihm ein Fläschchen. „Das trägst du ständig bei dir. Nur am Sonntag, sobald du die Kirche besuchst, lässt du es daheim." Der Bursche versprach zu tun, wie ihm geboten wurde.

Jetzt hatte er es in allen Dingen leicht. Rief ihn der Bauer frühmorgens zum Pferdefüttern, drehte sich der Knecht noch einmal um und schlief ein Stündlein weiter. Stand er dann auf, waren die Rosse geputzt, gefüttert, vor den Wagen gespannt und warteten auf den Kutscher. Auch sonst kam ihm die Arbeit viel leichter vor.

Den Pferden tat die regelmäßige Pflege wohl, und sie gediehen trefflich. Um so schlechter sah der Junge aus. Ihn drückte die Sorge. Weil das dem Bauern aufgefallen war, passte er eines Tages seinem Knechte auf, um zu sehen, wie er es mit der Arbeit nähme.

Wie gewöhnlich rief er in die Kammer, dass es Zeit sei, die Pferde zu füttern. Nach zehn Minuten begab sich der Bauer in den Stall. Der Knecht war nicht zu sehen. Die Pferde aber fraßen den Hafer, und eine unsichtbare Hand führte den Striegel und klopfte ihn aus, dass vom Streitbaum die Funken flogen. Das war eine Überraschung für den Bauern! So etwas hatte er noch nicht erlebt.

Schnell ging er in die Knechtkammer, weckte ganz unsanft den Jungen und verhörte ihn so lange, bis er gestand, dass er ein geheimnisvolles Fläschchen besitze, das ihm alle Arbeit erleichtere. Aufgebracht, wie der Bauer war, eilte er zum Pfarrer und erzählte ihm von dem Vorfall. Dieser ließ den Jungen kommen und belehrte ihn: „Dir ist wohl nicht bekannt, dass dieses Fläschchen einen dienstbaren Teufel birgt? Nur sieben Jahre dient er dir. Ist diese Zeit abgelaufen und hast du versäumt, dich des Fläschchens rechtzeitig zu entledigen, gehört deine Seele dem Satan."

In seiner Angst dachte der Knecht nur daran, wie er das Fläschchen loswerden könnte. An einem Abend - es ging gerade der Vollmond auf - nahm er einen geweihten Rosenkranz, steckte das Fläschchen zu sich und wanderte in die Nacht hinaus. Er kam zu einem Kreuzweg. Hier hielt er, sprach ein kurzes Gebet, ergriff das Fläschchen und warf es in einem weiten Bogen nach rückwärts, dass es zerschellte. Im selben Augenblick, in dem es zerbrach, fuhr ein Blitz neben ihm in die Erde, der von einem so gewaltigen Donner begleitet war, dass der Junge ohnmächtig zu Boden fiel.

Der Teufel konnte aber dem Bewusstlosen nichts anhaben, da er doch einen geweihten Rosenkranz bei sich trug. Nachdem sich der Knecht nach einiger Zeit erholt hatte, eilte er heim. Am nächsten Morgen verabschiedete er sich von seinem Herrn, zog nach Stockerau und begab sich in das Franziskanerkloster, wo er sein Leben als Laienbruder beendete.